Schutz vor Schikane­be­trei­bungen

by | Jan 3, 2019 | Betreibung und Konkurs

Schutz vor ungerecht­fertig­ten Be­trei­bungen – Neue Bestim­mung­en im Schuld­betrei­bungs- und Kon­kurs­recht (SchKG)

Zum Schutz von betriebenen Personen sind am 1. Januar 2019 folgende drei Änderungen in Kraft getreten:

1. Einfache Bereinigung des Betreibungsregister – Art. 8a Abs. 3 Bst. d SchKG

Für alle hängigen Betreibungen (auch solchen, die vor dem 1. Januar 2019 eingeleitet wurden) gilt gemäss Art. 8a Abs. 3 Bst. d SchKG folgendes:

Die Ämter geben Dritten von einer Betreibung keine Kenntnis, wenn der Schuldner nach Ablauf einer Frist von drei Monaten seit der Zustellung des Zahlungsbefehls ein entsprechendes Gesuch gestellt hat, sofern der Gläubiger nach Ablauf einer vom Betreibungsamt angesetzten Frist von 20 Tagen den Nachweis nicht erbringt, dass rechtzeitig ein Verfahren zur Beseitigung des Rechtsvorschlages (Art. 79-84) eingeleitet wurde; wird dieser Nachweis nachträglich erbracht oder wird die Betreibung fortgesetzt, wird sie Dritten wieder zur Kenntnis gebracht“.

Ein Eintrag im Betreibungsregister kann gewichtige Nachteile für die betriebene Person mit sich bringen, insbesondere bei der Stellen- und Wohnungssuche sowie bei einer Kreditvergabe. Da eine Betreibung eingeleitet werden kann, ohne dass eine Forderung nachzuweisen ist, kommt es in der Praxis nicht selten zu Betreibungen über bestrittene oder sogar nicht bestehende Forderungen. Der Gläubiger muss die Betreibungskosten zwar vorschiessen, doch die sind gering: Bei einer Forderung zwischen 500 und 1000 Franken gerade mal gut 53 Franken. Betroffene können sich zwar wehren und Rechtsvorschlag erheben. Damit ist das Betreibungsverfahren gestoppt. Die Betreibung erscheint aber trotzdem während 5 Jahren im Register (ergänzt durch die Anmerkung, dass Rechtsvorschlag erhoben wurde) und ist so für Dritte ersichtlich. Und zwar unabhängig davon, ob die geltend gemachte Forderung tatsächlich besteht oder nicht. Dies auch dann, wenn der Gläubiger nach Erhebung des Rechtsvorschlags untätig bleibt, d.h. sich nicht darum bemüht, den Rechtsvorschlag beseitigen zu lassen und das Verfahren fortzusetzen.

Bis anhin musste die betriebene Person mittels Klage (entweder gemäss Art. 85 SchKG, gemäss 85a SchKG oder negative Feststellungsklage gemäss Art. 88 ZPO) vom Gericht feststellen lassen kann, dass die Schuld nicht oder nicht mehr besteht oder gestundet ist. Sie befand sich somit in der Klägerrolle und hatte sowohl die Gerichtskosten sowie auch allfällige Anwaltskosten zu bevorschussen. Zudem trug sie das Risiko, im Verlustfall neben den eigenen Anwaltskosten und den Gerichtskosten auch die Anwaltskosten der Gegenseite übernehmen zu müssen.

Seit dem 1. Januar 2019 müssen die betriebenen Personen, welche Rechtsvorschlag erhoben haben, nur noch drei Monate abwarten, nachdem sie den Zahlungsbefehl erhalten haben. Wenn der Gläubiger nicht innert dieser Frist aktiv wird und das Gericht anruft, können sie für 40 Franken beantragen, dass der Eintrag nicht mehr bekannt gegeben wird.

Der Gläubiger hat dann 20 Tage Zeit, um den Nachweis zu erbringen, dass er Klage auf Anerkennung der Schuld erhoben oder Rechtsöffnung beantragt hat. Geschieht dies nicht, wird die Betreibung Dritten nicht mehr angezeigt. Der Gläubiger kann die Betreibung jedoch immer noch fortsetzten bzw. Rechtsöffnung verlangen, bis zu einem Jahr nach Zustellung des Zahlungsbefehls (Art. 88 Abs. 2 SchKG). In diesem Fall wird die Betreibung Dritten wieder zur Kenntnis gebracht.

2. Vorlage der Beweismittel – Art. 73 SchKG

Art. 73 SchKG regelt folgendes:

„Der Schuldner kann jederzeit nach Einleitung der Betreibung verlangen, dass der Gläubiger aufgefordert wird, die Beweismittel für seine Forderung zusammen mit einer Übersicht über alle gegenüber dem Schuldner fälligen Ansprüche beim Betreibungsamt zur Einsicht vorzulegen.

Die Aufforderung hat keine Auswirkung auf laufende Fristen. Falls der Gläubiger der Aufforderung nicht oder nicht rechtzeitig nachgekommen ist, berücksichtigt das Gericht beim Entscheid über die Prozesskosten in einem nachfolgenden Rechtsstreit den Umstand, dass der Schuldner die Beweismittel nicht hat einsehen können“.

Nach Einleitung der Betreibung kann der Schuldner jederzeit verlangen, dass der Gläubiger die Beweismittel für seine Forderung zusammen mit einer Übersicht über alle gegenüber dem Schuldner fällige Ansprüche beim Betreibungsamt zur Einsicht auflegt. Bisher war dies nur während der zehntätigen Frist für den Rechtsvorschlag möglich. Kommt der Gläubiger der Aufforderung des Betreibungsamts nicht nach, kann das Gericht dem Gläubiger in einem späteren Gerichtsverfahren Kosten auferlegen, selbst wenn die Forderung begründet ist.

3. Feststellungsklage auch bei Rechtsvorschlag – Art. 85a Abs. 1 SchKG

Ungeachtet eines allfälligen Rechtsvorschlages kann die betriebene Person jederzeit vom Gericht des Betreibungsortes feststellen lassen, dass die Schuld nicht oder nicht mehr besteht oder gestundet ist. Heisst das Gericht die Feststellungsklage nach Art. 85a SchKG gut, so hebt es die Betreibung auf oder stellt sie ein (Art. 85a Abs. 1 und 3 SchKG).

Mit der Ergänzung von Artikel 85a SchKG soll die einschränkende Rechtsprechung des Bundesgerichts zu dieser Bestimmung korrigiert werden. Die betriebene Person soll jederzeit vom Gericht des Betreibungsortes feststellen lassen können, dass die Schuld nicht oder nicht mehr besteht oder gestundet ist, und zwar ungeachtet eines allfälligen Rechtsvorschlages. Bis anhin stand diese Klage nicht zur Verfügung, wenn die betriebene Person Rechtsvorschlag erhoben hatte.

 

Ablauf einer Betreibung:

https://www.e-service.admin.ch/eschkg/cms/content/documents/Schema_SchKG_de.pdf